
Nach über einem Jahr mit der Krankheit unserer Tochter, habe ich mir die Freiheit genommen und einen Mutter-Kind-Kur Antrag gestellt.
Ich fühlte mich einfach ausgebrannt, sozusagen reif für die Insel. Drei Dinge auf einmal sind dann doch ab und an ein paar Dinge zu viel. Doch Beruf, Haushalt und Betreuung unserer kleinen Zuckermaus (inkl. nächtliche Blutzuckermessungen) lassen sich nicht einfach so mal aufs Nebengleis abstellen. Sie fordern einen jeden Tag aufs Neue heraus.
Durch die Doppel-/Dreifachbelastung dürfte die Krankenkasse hier ja wohl keine großen Schwierigkeiten machen und eine Kur genehmigen. Nachdem ich ein Attest für mich, ein Attest für Leonie und noch einen allgemeinen Fragenbogen ausfüllen und zurückschicken musste, kam nach einer Woche der erste Brief von der Krankenkasse. Information dass mein Antrag an den MKD weitergeleitet wurde. Nun hieß es warten, und auf eine positive Zusage hoffen.
Endlich die Genehmigung und Vorfreude
Dann endlich nach 5 Wochen, war es da, das Schreiben von der Krankenkasse. Juhuuu, Mutter-Kind-Kur genehmigt. Jetzt galt es die richtige Kur-Klinik herauszufinden. Meine Krankenkasse schickte mich dann nach Heringsdorf auf die schöne Insel Usedom. Nachdem ich die Zusage der Krankenkasse für Usedom hatte, habe ich mich gleich im Internet über Termine mit freien Plätzen schlau gemacht. Und siehe da, für die Sommerferien gab es noch ein paar Restplätze. Also habe ich gleich eine Email mit einer Reservierungsanfrage losgeschickt. Der Termin war noch frei und wir können nun unsere Kur im August antreten.
Ich freute mich, dass es bei uns so unproblematisch geklappt hat. Leider hört man immer wieder, das viele Kur-Einrichtungen Kinder mit Diabetes Typ 1 ablehnen. Aus Unwissenheit über die Krankheit, aus Angst vor Verantwortung? Leider gibt es nicht viele Kurkliniken die sich mit dem Thema Diabetes Typ 1 befassen. Auf Usedom ist gleich eine Reha-Klinik u.a. für Kinder mit Typ 1 Diabetes angeschlossen, so dass ich davon ausgehen konnte, mein Kind dort während meiner Anwendungen in die Betreuung abgeben zu können.
Gespannt und voller Vorfreude vergingen die letzten Tage mit allerlei Vorbereitungen wie im Flug. Die Koffer waren gepackt, das Zugticket gekauft, jetzt konnte es losgehen.
Die Mutter-Kind-Kur
Ich habe mich auf etwas Abwechslung vom stressigen Alltag und auf Erholung gefreut. Denn im Gegensatz zu einer Kinderreha, steht bei einer Mutter-Kind-Kur das Wohlbefinden der Mutter im Vordergrund. Die Kinder und ihre Krankheit sind dabei aber auch irgendwie Nebensache. Das wurde mir auch gleich im ersten Arztgespräch so mitgeteilt. Ich konnte keine große Hilfe im Bereich Diabetes Management von der Klinik erwarten. Diese Verantwortung lag in diesen drei Wochen, wie zu Hause auch, alleine auf meinen Schultern.

© Blog – kinder-mit-typ1-diabetes
Doch leider hatte der Diabetes keine rechte Lust auf eine Klimaveränderung und die Blutzuckerwerte spielten noch mehr verrückt als zu Hause. Dieses ständige Auf und Ab schlug mir schon sehr auf den Magen, so dass ich dann nach einem Arzttermin beim dortigen Diabetologen gefragt habe. Weitergeholfen hat mir der Termin aber nicht wirklich. Wie sollte ich mich gut erholen und Kraft tanken, wenn das Diabetes Management meiner Tochter derartig aus den Fugen gerät? Vielleich ist der Wunsch nach Erholung, Unterstützung bei einer Mutter Kur zu viel verlangt?
Bereits am Anfang der zweiten Woche fühlte ich mich noch erschöpfter als Zuhause. So richtig wollte und konnte sich bei mir kein Kurerfolg einstellen. Nun das hatte nicht allein etwas mit dem Diabetes zu tun. Nein, irgendwie war es nicht die richtige Klinik für mich. Das Haus war so hellhörig und unsere Zimmernachbarn so laut, dass wir keinen Tag länger als bis 6 Uhr morgens schlafen konnten. Was sich dann auch auf die Laune meiner Tochter ebenso negativ ausgewirkt. hat.
Das Essen war mehr aus der Tüte als frisch gekocht, obwohl ich mir Vorträge zum Thema gesunder Ernährung anhören durfte. Auf meine Nachfrage bei der Ärztin bekam ich nur zu hören, dass es schließlich eine Großküche ist, und daher nicht wirklich frisch gekocht werden kann. Nun ja hierzu kann man geteilter Meinung sein.
Die therapeutischen Anwendungen waren für alle Mütter gleich, egal mit welchen Problemen sie die Kur angetreten hat. Individuelle Therapiepläne suchte man vergeblich.
Dann musste meine Tochter drei Wochen im Kindergarten verbleiben, weil man sich weigerte sie bei den Schulkindern in die Betreuung aufzunehmen. (Obwohl uns das zugesagt wurde). Eine siebenjährige unter lauter Kleinkindern – für eine erfolgreiche Kur auch nicht optimal. Was macht man, wenn das Kind überhaupt nicht in die Betreuung gehen möchte? Nun ja, man versucht schnell seine Termine abzuarbeiten oder gar ausfallen zu lassen, um das Kind wieder so schnell wie möglich selbstbetreuen zu können.
Erholung selbst in die Hand genommen

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Wäre das tolle Wetter und die noch tollere Ostsee nicht gewesen, ich hätte die Kur wahrscheinlich noch in der zweiten Woche abgebrochen. So haben wir es uns (gemeinsam mit unseren neuen Freunden) jeden Tag am Strand gemütlich gemacht, haben Bernsteine gesucht (gefunden? – eher nicht), haben die beste Eisdiele Usedoms jeden Tag geplündert und uns die Nachmittag so schön gestaltet wie nur möglich.
In der Mitte der zweiten Kurwoche, habe ich dann auch angefangen, die vorgegebenen Kurpläne nicht mehr so ernst zu nehmen. Ich habe meine Tage nicht mehr um einen Therapieplan gebaut, sondern um mein Wohlbefinden und das Wohlbefinden meiner Tochter. Lange Spaziergänge am Strand alleine oder mit meiner Tochter waren für mich jeden Tag mehr Erholung als alle Wirbelsäulengymnastik, Wassergymnastik und Entspannungstherapien zusammen. Letztendlich habe ich mir meine Kur am Schluss selbst gestaltet und habe die letzten Tage auf Usedom dann v.a. an der Natur noch sehr genießen können.
Mein Fazit nach diesen drei Wochen Mutter-Kind Kur ist eher ernüchternd. Ein richtiger Kurerfolg, wie es so schön heißt, hat sich bei mir nicht eingestellt. Sollte ich wieder mal eine Kur einreichen, dann nur eine Mütter-Kur, ohne Kind und ohne Diabetes im Gepäck. Hört sich jetzt vielleicht nicht so toll an, aber ich denke nur so kann ich neue Kräfte auftanken für meinen manchmal doch sehr stressigen Alltag. Nun reif für die Insel war ich nach der Kur immer noch, wenn nicht sogar noch reifer.
Ich möchte mit meinem Bericht niemanden von einer Mutter-Kind Kur abraten. Jede Mutter macht ihre eignen, ganz persönlichen Erfahrungen und diese müssen nicht unbedingt negativ ausfallen, wie bei mir. Jeder geht mit anderen Erwartungen, Wünschen in eine Kur und so fällt das Ergebnis auch für jeden anders aus. Für mich war es wohl einfach die falsche Klinik. Vielleicht wäre es woanders besser gelaufen, wer weiß.
Eine Antwort
War bei uns ähnlich, obwohl ich in ganz Deutschland telefoniert habe, um eine Klinik zu finden, die sich auskennt. Meine Tochter (damals 2) wurde in der Betreuung nicht mal gemessen. Dazu musste ich vor jeder Anwendung hin. Wenn zwischendurch Messen notwendig wurde, weil das Kind womöglich einen Unterzucker haben könnte (verwirrt wirkte, blass und nicht mehr recht ansprechbar war), nahm man sie an die Hand und schleifte sie vier Stockwerke rauf zur Arztstation, wo sie dann gemessen wurde. Anschließend ging es im Lauftempo wieder runter, auch bei einem BZ von 28 noch. Wenn die Kids Essen bekamen, gab es normal noch Anwendungen für mich. Ich aß dann später und holte sie nach dem Essen ab. Da sie aber in der Betreuung nicht messen und bolen konnten, musste ich mein Kind vor der letzten Anwendung messen und direkt danach mitnehmen zum Essen. Im lauten Speisesaal aß sie gar nichts und es war unmöglich festzustellen, was eigentlich im Kind gelandet war. Ich habe dann -nachdem sie einen Tag umgekippt ist – sämtliche Therapien sein gelassen. Gab auch mächtig Ärger von den Ärzten dort, aber mein Kind hat den Aufenthalt wenigstens überlebt. Und ich weiß, dass ich keine Kur mehr brauche. Wir waren bis zur Einschulung dann jedes Jahr stationär im Krankenhaus für eine Woche zur Basaleinstellung. Klar kann ich das auch zu Hause, aber die Woche ist dann jemand anderes fürs Messen dabei. insbesondere für die Nächte. Seit der Einschulung läuft es ohnehin entspannter, aber wir überlegen, ob wir sie, wenn sie alt genug ist mal zum Kidskurs schicken oder zum CampD. Hoffentlich gibt es diese Angebote noch lange!