
Die erste „Keine-Zeit-zum-Messen-und-Bolen“ Phase während der Schulzeit hat uns vor kurzem getroffen. Irgendwie habe ich immer gehofft, dass diese Phase an uns vorübergehen wird – doch früher oder später trifft es uns wohl alle einmal.
Leonie macht in der Schule seit der ersten Klasse alles alleine. Und hat bis zu dieser „Keine-Zeit-zum-Messen-und-Bolen“ Phase auch immer alles sehr gut gemeistert. Klar gab es immer wieder mal den einen oder anderen vergessenen Essensbolus oder auch mal heimliches Naschen. Doch im Großen und Ganzen hat sie es für ihr Alter mit Bravour gemacht. Und wir waren und sind es auch immer noch, sehr stolz auf sie.
Mir war ja auch irgendwie klar, dass diese „Keine-Zeit-zum-Messen-und-Bolen“ Phase auch Leonie irgendwann treffen wird. Schließlich unterhält man sich ja auch mit anderen Eltern und tauscht Erfahrungen aus. Doch ich hatte inständig gehofft, dass das erst irgendwann in ferner Zukunft sein wird. Alles Hoffen half nichts, denn in letzter Zeit war ihr der Diabetes in der Schule einfach nur lästig und zeitraubend. Sie hatte laut ihrer Aussage, oftmals einfach keine Zeit zum Blutzucker messen oder gar Essensbolus abgeben. Oder vor dem Sportunterricht kurz den Wert überprüfen, einfach nur ein ungeliebtes Muss, auf das sie einfach keine Lust hatte. OK, ab und an in der Pause nicht messen, da kann man ja als Mutter das eine oder andere Auge mal zudrücken. Aber wenn der Essensbolus nicht mehr abgegeben wird, dann sieht man als Mutter das Ganze nicht mehr so easy. Leonie hatten in dieser Zeit häufig Blutzuckerwerte zwischen 300 mg/dl und 350 mg/dl. Und dass während des halben Schultages, so ab 10 Uhr. Das ich darüber nicht begeistert war, kann wohl jeder nachfühlen. Doch was tun?
Auf der Suche nach dem Warum
Auf meine Frage, warum Sie nicht gemessen und ihren Essensbolus abgegeben hat, bekam ich entweder nur ein Schulterzucken oder die Antwort:“Upps, hab‘ ich wohl vergessen.“ Ich habe versucht mit ihr darüber zu sprechen, wollte die Gründe wissen, warum sie auf einmal alles so in der Schule schleifen lässt. Irgendwie macht man sich als Mutter ja auch immer so seine Gedanken, ob nicht eine Hänselei oder auch Mobbing dahintersteckt.
Doch Leonie meinte einfach nur, sie hätte keine Zeit. Das Blutzuckermessen, die KE-Eingabe und die Bolusabgabe, dass alles dauert ihr einfach zu lange. Denn sie wollte ja nicht immer die Letzte in der Pause sein. Denn wer als letztes kommt, muss beim Spielen immer der Fänger sein. Und dass ist immer sie, und das findet sie einfach doof.
Doch Messen und Bolus abgeben muss einfach sein. Wie also dieses Problem lösen? Ich wollte zur Lehrerin gehen und das Problem ansprechen. Doch das wollte Leonie nicht. Also habe ich ihr vorgeschlagen, doch einfach mal ihre Schulfreunde darauf anzusprechen, dass sie nicht immer der Fänger sein möchte. Das sie einfach immer noch etwas mehr Zeit im Klassenzimmer verbringen muss. Und siehe da, es hat wirklich geklappt. Leonie ist jetzt nicht immer der Fänger, auch wenn sie als letztes auf dem Pausenhof erscheint. Jetzt hat sie auch wieder Zeit zu Messen und v.a. den Essensbolus abzugeben. Ich hoffe jetzt, dass wir diese „Keine-Zeit-zum-Messen-und-Bolen“ Phase für eine lange Zeit überstanden haben.