
„Mama, wenn wir wieder nach Hause gehen, dann bin ich wieder gesund? Dann muss ich mich nicht mehr piksen, gell?“
Diese und ähnliche Fragen stellte unsere Tochter während der Manifestation im Krankenhaus immer wieder. Diese Fragen, sind es die uns während dieser Zeit das Herz zerbrechen. Denn wir wissen wie die Antwort darauf lauten muss.
Die Zeit direkt nach der Diagnose
Die Diagnose Diabetes Typ 1 verändert das ganze Familienleben. Doch am meisten verändert es das gesamte Leben unserer Kinder. Ich musste am Anfang nicht nur die Diagnose selbst verarbeiten und lernen damit umzugehen. Nein, ich hatte eine noch viel schwierigere Aufgabe vor mir. Ich musste meiner Tochter erklären, dass sich ihr Leben ab sofort für immer verändern wird. Das es nun für immer Insulin spritzen muss. Das die Krankheit nie mehr weg geht, auch nicht wenn man es sich noch so toll wünscht.
Doch wie macht man das einer 5 jährigen begreifbar? Eine schier unvorstellbare Aufgabe, die ich solange es ging vor mir hergeschoben habe.
Die ersten gravierenden Einschnitte und Veränderungen erlebte sie gleich direkt in den ersten Stunden und Tage im Krankenhaus. Der Blutzucker wurde nun stündlich gemessen. Jedes Mal war ein Fingerpiks nötig. Wir mussten ihr einen Katheter für die Insulinpumpe setzen. Sie konnte nicht mehr einfach so essen wie sie wollte, alles musste jetzt abgewogen und berechnet werden. Sie erlebte ihre ersten Unterzuckerungen. Ein paar Tage hat sie das alles mehr oder weniger über sich ergehen lassen (bis auf den Katheterwechsel, da gab es immer viele Tränen).
Doch es kamen immer wieder die Fragen nach dem „Wann bin ich wieder gesund?“ Irgendwann konnte ich es nicht mehr vor mich herschieben. Ich musste ihr irgendwie kindgerecht verständlich machen, dass sie nie wieder richtig gesund sein wird. Das der Diabetes nun ihr ständiger Begleiter sein wird. Eine unheimlich schwere Aufgabe. Ich habe versucht ihr zu erklären, das ihr Körper kein Insulin mehr produziert. Und ihr Körper aber ohne Insulin das Essen nicht mehr nutzen kann, um groß und stark zu werden. Und das das der Grund ist, warum sie nun eine Insulinpumpe bekommen hat. Oh je, so im Nachhinein betrachtet, waren meine Erklärungsversuche wohl nicht die Besten. Ich musste selbst immer wieder meine Gedanken sortieren. Wir haben dann noch einige Kinderbücher gelesen, um ihr das Ganze noch etwas kindgerechter erklären zu können. Ich glaube Leonie hat unsere Erklärungen und die Bilderbuchgeschichten zwar wahrgenommen, aber richtig verstanden hat sie sie in diesem Moment noch nicht. Das hat einige Wochen und Monate gedauert.
Wann geht der Diabetes wieder weg?
Auch zu Hause kam immer wieder mal die Frage auf: „Aber Mama, wann geht der Diabetes wieder weg, wann kann mein Körper wieder alles alleine machen?“ Schreckliche Momente für mich. Am liebsten hätte ich sie in die Arme genommen und gesagt, morgen, morgen ist alles wieder ok und du bist wieder gesund. Aber das ging ja nicht.
Einmal habe ich auf diese Frage mit folgendem Satz geantwortet „Mein Schatz, Diabetes geht nie wieder weg, das hast du noch wenn du mal eine Oma bist“. Irgendwie, und das hat mich selbst erstaunt, hat ihr dieser eine Satz alles verständlich gemacht. Seitdem ist es ihr klar. Und noch heute antwortet sie auf die Frage: „Geht das wieder weg?“ – „Nein, das hab ich noch, wenn ich mal eine Oma bin.“
Es war wohl eine der schwersten Aufgaben die ich gleich nach der Diagnose zu bewältigen hatte. Doch ich habe dabei immer versucht, ihr die Wahrheit bezüglich der Krankheit zu sagen und es ihr kindgerecht zu erklären. Ich wollte ihr auch von Anfang an keine falschen Hoffnungen und Erwartungen machen. Und so halten wir es in der Familie auch heute noch. Sie weiß mittlerweile das der Diabetes für immer Teil ihres Lebens sein wird. Sie weiß aber auch, nach über zwei Jahren Diabetes, dass sie alles machen kann wie andere Kinder auch. Ich hoffe sie behält diese positive Einstellung.