Die erste Zeit nach der Diagnose war für mich schwer

Mutter Diagnose Kind Diabetes Typ 1

Leonies Diagnose ist jetzt etwas über 4 Jahre her und doch hat mich die erste Zeit nach der Diagnose Diabetes Typ 1 noch immer nicht wirklich losgelassen. Es gibt Tage, da gehen mir meine Gefühle der ersten Tage, Stunden und sogar Monate nicht aus dem Kopf. Für mich ist noch jedes noch so kleinste Detail dieses schwarzen Tages so präsent, das ich beim Gedanken daran noch immer meine Sorgen, Ängste und Unsicherheiten dieser Zeit ganz genau durchlebe.

Quälende Fragen über Fragen

Wie bei den meisten Familien kam die Diagnose Diabetes Typ 1 bei unserer Tochter aus heiterem Himmel. Von einer Stunde auf die andere mussten wir unsere Familienleben komplett umkrempeln. Wir mussten lernen, was es heißt mit Diabetes Typ 1 zu leben. Im Krankenhaus kam ich kaum dazu, wirklich über die neue Situation nachzudenken. Ich hatte Schulungen um Schulungen. Ich musste lernen wie ich die Kohlenhydrate im Essen berechne, ich musste lernen, wie wir bei Unter- oder Überzucker zu handeln haben. Wir mussten lernen, lernen und lernen. Und ich fühlte mich oft einfach nur unheimlich überfordert und mich quälten so einige Fragen: „Wie sollen wir das nur alles schaffen? Was kommt jetzt im Alltag so alles auf uns zu? Wir unsere Tochter noch ein „normales“ Kinderleben führen können? Kann sie noch weiterhin in ihren Kindergarten gehen? Wie werden wir und unsere Tochter in Zukunft mit der Krankheit und ihren Eigenarten zurechtkommen?“ Das sind nur einige der vielen, vielen Fragen die mich die erste Zeit nach der Diagnose immer wieder begleitet haben. Mein Kopf schwirrte, ich fühlte mich wie in einem schlechten Film. Und dann gab es da noch paar Fragen, die mir ebenfalls immer wieder in den Sinn kamen: „Hätten wir es irgendwie merken müssen? Hätten wir den Ausbruch der Krankheit sogar irgendwie verhindern können? Und warum mein Kind?“

Ich denke, diese oder ähnliche Fragen haben wohl die meisten Eltern so direkt nach der Diagnose. Doch gerade mit all diesen quälenden Fragen fühle ich mich unendlich alleine. Ich habe immer versucht, diese Fragen nicht zu sehr an mich rankommen zu lassen. Ich wollte die Starke sein, die ihrem Kind zeigt, dass wir alles gemeinsam schaffen werden. Ich habe immer versucht Zuversicht auszustrahlen, obwohl es in mir ganz anders aussah. Heute nach über 4 Jahren habe ich gelernt, diese quälenden Fragen erst gar nicht mehr in mir aufkommen zu lassen.

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Wie eine dunkle Wolke hing der Diabetes über mir

Doch diese ganzen Fragen waren noch nicht mal das Schlimmste für mich. Die wirklich nervenaufreibende Zeit begann nach der Entlassung aus der Klinik für mich. Nach gerade mal 10 Tagen sollen wir uns also alleine um die Krankheit kümmern. Wir wurden ins kalte Wasser geschmissen, wie es so schön heißt. Mit sehr viel Theoretischem (Halb-)Wissen und aufmunternden Worten: „Schaka, Ihr schafft das!“

Ich hatte einen unheimlichen Bammel vor dieser neuen Aufgabe in unserem Leben. Ich fühlte mich nach 10 Tagen einfach noch nicht wirklich vorbereitet, dass wir die Krankheit alleine stemmen könnten. Ehrlich gesagt, wäre ich lieber noch ein paar Wochen mehr im Krankenhaus geblieben. Irgendwie fühlte ich mich dort sicher und ich hatte Tag und Nacht kompetente Ansprechpartner um mich herum. Und dieses Gefühl der Sicherheit fehlte mir in den ersten Wochen und Monaten zu Hause einfach. Ich hatte so viele Unsicherheiten und fühlte mich oftmals einfach nur alleine und überfordert. Ich wollte alles richtig machen und haben mich dadurch selbst immer wieder unter einen enormen Druck gesetzt. Und ich hätte unsere Tochter am liebsten nie mehr aus den Augen gelassen.

Die Erfahrung macht’s

Ich habe aber schnell erkannt, dass das kein Dauerzustand sein konnte. Ich musste lernen den Perfektions-Druck aus dem Diabetes-Alltag herauszunehmen. Ich musste lernen, meinen Fähigkeiten zu vertrauen. Ich musste jeden einzelnen Tag neue Erfahrungen im Umgang mit der Krankheit sammeln. Denn durch diese Erfahrungen, durch das Durchleben der verschiedenen Situationen, habe ich enorm viel gelernt und meine anfänglichen Unsicherheiten wurden immer kleiner und kleiner. Aus meiner Unsicherheit wurde Wissen und durch das Wissen habe ich meine Sorgen und Nöte irgendwie nach hinten gestellt. So abgedroschen es auch klingen mag: Man wächst wirklich in diese Aufgabe hinein. Auch wenn man das in der ersten Zeit sicherlich noch nicht wirklich erkennen kann. Jetzt nach 4 Jahren mit der Krankheit sind wir sozusagen „alte Hasen“. Doch es gibt auch für uns immer wieder neue ungewöhnliche Situationen. Doch haben wir nun keine Angst mehr vor diesen Aufgaben, denn unser Wissen und unsere Erfahrungen stehen uns nun jederzeit beiseite.

Kathy

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2 Antworten

  1. Swantje sagt:

    Ein sehr guter Artikel, der mir aus der Seele spricht- danke! Zwei Jahre sind nach der Diabetesmanifestation meiner Sohnes vergangen, und diese zwei Jahre der Daueranspannung und der ständigen Sorge hatten es in sich. Ich glaube, der Austausch mit anderen betroffenen Eltern kann eine große Stütze sein- da erleben wir, dass wir eben nicht alleine sind und andere vor uns diesen Weg auch schon gegangen sind. Mir hilft auch die Lektüre dieses blogs sehr-dafür ein nachdrückliches großes Dankeschön!
    Liebe Grüße
    Swantje

  2. Sandra sagt:

    Liebe Kathy
    Vielen Dank für deine offenen Worte. Unsere Tochter hat seit 2 Monaten die Diagnose und mir geht es gerade genau so, wie du es beschrieben hast. Aber deine Worte geben mir gerade auch Zuversicht, dass wir das alles schaffen.
    Vielen Dank.
    LG
    Sandra

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