
Ich kann mich noch sehr gut an die ersten Tage im Krankenhaus, gleich nach der Diagnose erinnern. Wir hatten so viel zu lernen und nicht nur einmal fühlte ich mich wie von einem Lastwagen überfahren und dachte, das schaffst du nie.
Die Unsicherheit beim Berechnen machte mir Sorgen
Eine Sache, die mir am Anfang ziemlich viele Kopfschmerzen bereitet hat, war die Berechnung der richtigen Insulinmenge.
Wie ist der Blutzuckerausgangswert? Wie hoch ist der Essensfaktor? Muss ich noch etwas Korrektur hinzurechnen? Oder muss ich etwas abziehen? So viele Dinge müssen für die richtige Insulindosis berücksichtigt werden. Ich hatte unheimliche Angst mich zu verrechnen und so meiner Tochter eine viel zu hohe Insulindosis zu verabreichen. Jedes Mal habe ich mindestens 10x nachgerechnet, ob ich mich ja nicht verrechnet habe. Und je mehr ich nachgerechnet habe, umso unsicherer habe ich mich mit dem Ergebnis gefühlt. Ich weiß noch wie ich bei jeder Bolusabgabe gezittert habe. Ich konnte einfach diese Angst etwas falsch zu machen nicht abschütteln. Wie sollte das erst werden, wenn wir zu Hause auf uns allein gestellt sind? Etwas ruhiger wurde ich, als wir dann im Krankenhaus, gemeinsam mit dem Diabetes-Team, den sogenannten Bolusrechner für unsere Tochter eingerichtet haben.
Der Bolusrechner
Der Bolusrechner (bei unserer Insulinpumpe heißt es Bolusvorschlag) berechnet anhand der hinterlegten Daten wie Korrekturfaktoren, Essensfaktoren, Zielwert, etc. die richtige Insulinmenge und das einfach „auf Knopfdruck“. Diese Funktion der Insulinpumpe hat mir am Anfang die nötige Sicherheit gegeben und war maßgeblich daran beteiligt, dass unsere Tochter so schnell nach der Diagnose ein normales Kinderleben führen konnte. Selbst ihr damaliges Kindergarten-Team hatte auf Grund des Bolusrechners keine Berührungsängste die Insulinabgabe über die Insulinpumpe zu tätigen. Das hat uns damals schon sehr weitergeholfen.
Doch warum kennen nicht alle Eltern diese Funktion der Insulinpumpe?
In Gesprächen mit anderen betroffenen Müttern muss ich aber immer wieder feststellen, dass viele die Funktion des Bolusrechners gar nicht kennen oder ihr Diabetologe schlichtweg dagegen ist. Da sitzen die Mütter im Trubel eines Indoor-Spielplatzes mit Taschenrechner und rechnen alles mind. 2 x aus.
Ich frage mich dann immer, warum eigentlich so viele Kinderdiabetologen oder Diabetes Ambulanzen diese Hilfsmittel so vehement ablehnen?
Gerade diese Funktion kann einen wichtigen Schritt zur Selbstständigkeit unserer Kinder beitragen. Jedenfalls bei uns war und ist das so.

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Gerade im Schulalltag ist der Bolusrechner für uns ein unverzichtbares Hilfsmittel geworden. Die richtige Insulinmenge für das Pausenbrot, unter Berücksichtigung des aktuellen Blutzuckerwertes, errechnet mit Hilfe von Essens- und/oder Korrekturfaktoren? Eine Aufgabe die für eine Grundschülerin nicht ohne Hilfe zu bewältigen ist. Auf Unterstützung durch die Lehrer kann unsere Tochter nicht hoffen. Deshalb bin ich sehr froh, dass diese Aufgabe vom Bolusrechner übernommen wird. Mal bei Freunden zwischendurch was essen, alleine auf Kindergeburtstage gehen, alles für uns kein Problem.
Das Argument, dass man dann nicht mehr weiß wie es richtig geht, wenn der Bolusrechner mal versagt, ist für mich nicht ausschlaggebend, diese hilfreiche Funktion nicht einzusetzen.
Klar muss man erlernen und einüben, wie man die richtige Insulindosis in jeder Situation berechnen kann. Doch warum nicht auch moderne Hilfsmittel einsetzen, wenn die Möglichkeit besteht?
Fahren diese Diabetolgen auch alle Auto noch OHNE Navigationsgerät? Studieren sie ihre Fahrwege nach wie vor über normale Straßenkarten und fahren dann los. Immer einen Blick auf den Beifahrersitz, ob die Route noch stimmt? Man muss doch den richtigen Weg kennen, sollte das Navi mal streiken – oder?
Wenn diese Ärzte also auch ein Navi benutzen, warum sprechen sie sich dann so gegen die Funktion des Bolusrechners aus? Der uns und vor allem unseren Kindern einfach den Weg zur richtigen Insulindosis erleichtert wie das Navi den Weg nach Hause?
Ob in der Schule oder bei Freunden, der Bolusrechner ermöglicht unserer Tochter ein selbstständiges Kinderleben.
Voraussetzung ist allerdings, dass die im Bolusrechner hinterlegten Daten auch genau auf das Kind abgestimmt wurden. Wir haben unseren Bolusvorschlag gemeinsam mit unserer Diabetes-Ambulanz erarbeitet. Mittlerweile passen wir die Faktoren zu Hause selbstständig an. Mit der Zeit lernt man einfach, mit dem Werkzeug umzugehen.
Wir werden dabei bleiben.
Eine Antwort
[…] in die Pumpe ein. Das ist natürlich schon ein großer Vorteil, wenn die Kids, mithilfe auch des Bolusrechners, ihr Essen selber eingeben können und nur geschaut werden muss, ob es keinen Zahlendreher gibt. Die […]