Berufstätige Mütter von Kinder mit Diabetes Typ 1

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Wenn ein Kind an Diabetes Typ 1 erkrankt, tragen vor allem die Mütter die Last der Enscheidung: „Kann ich weiter arbeiten oder muss ich gar meinen Beruf für die Betreuung meines Kindes aufgeben?“ Eine Auszeit aus dem Berufsleben bedeutet dabei immer finanzielle Einbußen für die gesamte Familie. Und nicht jede Familie kann es sich leisten, dass die Mutter ihren Arbeitsplatz aufgibt.
So vollbringen wir Mütter von Kindern mit Diabetes Typ 1 jeden Tag einen Spagat zwischen den Anforderungen im Beruf und den Anforderungen der Gesellschaft im Umgang mit der Typ1 Erkrankung unserer Kinder.

Die Erwartungen von allen Seiten sind hoch, doch können wir diese auch immer erfüllen? Der Leistungsdruck auf unseren Schultern ist enorm.
Der Kindergarten, die Schule erwarten, dass wir immer auf Abruf bereit stehen, um unser Kind umgehend aus der Einrichtung zu holen, falls es ihm nicht gut geht. Wir müssen immer und überall telefonisch erreichbar sein, damit offene Fragen zum Diabetes Management sofort abgeklärt werden können. Wir geben im Job mindestens 120%, damit wir unsere Position nicht verschlechtern. Wir „opfern“ Urlaubstage, damit wir unseren Kindern die Teilnahme an Sportfesten ermöglichen können. Jeden Tag aufs Neue machen wir uns Gedanken wie: „Könnten wir unser Kind mit diesen Werten in die Schule schicken? Sollten wir lieber einen Tag Urlaub nehmen und zu Hause bleiben?“ usw.

Daneben wir uns häufig von allen Seiten versucht ein schlechtes Gewissen einzureden. So meinte man schon zu mir, ich solle doch meinen Job zum Wohle meines Kindes aufgeben, oder einen Arbeitgeber suchen, der Näher zur Schule ist. So könnte ich immer und sofort (also Beifuß) zur Verfügung stehen, sobald ein Problem im Umgang mit der Diabetes Typ1 Erkrankung meiner Tochter auftritt. Bin ich eine schlechte Mutter, nur weil ich arbeiten gehen und nicht in jeder Pause auf dem Schulhof vorbeikomme, um den Blutzucker meiner Tochter höchstpersönlich zu messen? Bin ich eine schlechte Arbeitnehmerin nur weil ich zwei / drei Tage im Jahr wegen der Erkrankung meiner Tochter fehle?

NEIN, ich bin KEINE schlechte Mutter, weil mein Kind sein Diabetes Management in der Schule allein übernimmt. Ich bin verdammt Stolz auf meine Tochter, dass sie das mit ihren 7 Jahren alles selbst meistern kann. Und ich bin KEINE schlechte Arbeitnehmerin, da ich mit Fug und Recht behaupten kann, nicht mehr Fehltage zu haben, als andere Eltern auch.

Ich finde es schlimm genug, das es in Deutschland Mütter gibt, die Ihren Beruf aufgrund der Erkrankung ihres Kindes aufgeben müssen, nur weil es keine rechtlichen Regelungen für Schulen und Kindergärten gibt. Wir brauchen wir uns kein schlechtes Gewissen einreden lassen, das vor allem immer von solchen Personen kommt, die überhaupt nicht wissen, was es heißt mit Diabetes Typ 1 zu leben.

Wer ein schlechtes Gewissen haben sollte ist die Politik, die uns Familien in dieser Hinsicht im sprichwörtlichen Regen stehen lässt.

Kathy

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3 Antworten

  1. Patricia sagt:

    Vielen Dank für den Beitrag, er spricht mir aus der Seele und ich kann immer noch nicht verstehen, weshalb hier nicht endlich Abhilfe geschaffen wird. Da heißt es immer in unserer Politik Förderung bzw. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber wenn nur das Geringste nicht dem „Normalen“ entspricht und man keine Verwandtschaft hat, die einspringen kann oder sich dies zutraut, dann bricht doch vieles zusammen. Gibt es hier denn mittlerweile immer noch nichts wie eine Integrationskraft im Kindergarten etc. oder wie macht ihr das? Bei meinem Kind wurde jetzt erst mit 4 Jahren Diabetes Typ 1 erstmanifestiert und ich fühle mich so hilflos und weiß nicht, wie ich Beruf, Familie und die Krankheit unter einen Hut bekommen soll, ich kann doch nicht jedes Mal in der Arbeit alles stehen und liegen lassen, welcher Arbeitgeber macht das auf Dauer mit? Also falls es hier mittlerweile Hilfen im Kindergarten gibt wie Integrationskraft etc. dann würde ich mich über eine Nachricht/Antwort freuen. LG

    • Kathy sagt:

      Hallo,

      erstmal ganz viel Kraft für die erste Zeit, jetzt so kurz nach der Diagnose. Ich weiß ganz genau wie es Dir geht. Meine Tochter war bei der Diagnose 5 Jahre alt. Aber wir hatten so viel Glück und unser Kindergartenteam hat sich schulen lassen und das Diabetes-Management in der Betreuungszeit übernommen. Dafür bin ich sehr dankbar.
      Hast du schon mit Eurem Kindergartenteam gesprochen? Eventuell sind sie auch bereit den Insulinbolus abzugeben und den Blutzucker zu messen.
      Ansonsten kannst du eine Integrationskraft beim Sozialamt / Landratsamt beantragen. Am Besten Du fragst dort einmal nach. Eventuell kann Euch auch Euer Diabetolog die Ansprechpartner nennen.

      Hier findest Du auch etwas zu diesem Thema: http://www.diabetes-und-recht.de/diabetes-in-kindergarten-und-schule/

      Ganz viel Kraft und LG
      Kathy

  2. Chrissi sagt:

    Riesen Respekt all denen, die auch noch alleinerziehend sind!!!
    Wir haben schon kaum Unterstützung. Oma und Opa wohnen zu weit weg, um eben mal vorbei zukommen. Einziger Lichtblick ist momentan unsere Babysitterin (hat selbst Diabetes Typ1), die es meinem Mann und mir ermöglicht, ab und an mal für 2-3Stunden alleine zu verbringen.Wir sind beide Berufstätig mein Mann im Schichtdienst, ich Halbtags. Wobei man bei mir wohl eher von einem “Nebenjob” reden kann. Denn im Anschluss wartet mein Fulltimejob zu Hause auf mich, meine Kinder. Wenn alles i.O. ist und da “nur” der Diabetes ist, klappt auch alles einigermaßen. Aber sobald ein weiterer Faktor hinzu kommt, eins der Kinder oder einer von uns z.B. krank wird o.ä., kriechen wir auf dem Zahnfleisch.
    Krankes Kind/Elternteil, nächtliches Blutzucker messen, Job, Haushalt, das schaffen selbst 4 Schultern auf Dauer nicht.
    Wie geht es da erst Müttern oder auch Vätern, die das ganz alleine stemmen müssen.
    Wie gesagt, riesen Respekt!!!!

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